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Die europäische Karnivorenkonferenz EEE 2008 in Mira (Italien)

Hartmeyer, I. & Hartmeyer, S. (2009)  DAS TAUBLATT (GFP2009/1:66-69

Mira-2009_Versteigerung

Auktion von Pflanzen und Büchern

Preisverleihung_Jan Schlauer

Dr. Jan Schlauer bei der Preisverleihung

Mira Autorenstand

Autorenstand

Mira Filmvorfuehrung

Filmvorführung "Triple E meets Triphyophyllum"
Nur etwa 15 km von Venedig entfernt liegt Mira, ein kleiner norditalienischer Ort, in dem zur Blütezeit der Lagunenstadt reiche Kaufleute ihre luxuriösen Villen errichteten, um sich vom Trubel der geschäftigen Metropole zu erholen. Eine davon ist die Villa Widmann, bestehend aus mehreren Gebäuden, großzügig angelegtem Innenhof und benachbarten Parks, was sie zu einem idealen Veranstaltungsort für Gruppentreffen und Konferenzen macht. 2007 fand hier bereits das nationale Treffen der italienischen Karnivorengesellschaft AIPC (Associazione Italiana Piante Carnivore) statt und für die Zeit vom 19. bis 21. September war nun die gesamte europäische Karnivorengemeinde zur EEE 2008 eingeladen. Informationen zur Veranstaltung gab es bereits viele Monate zuvor auf der Homepage www.aipcnet.it, hilfreicher Weise auch in englischer Sprache. So konnte man sich rechtzeitig ein nahegelegenes Hotel auswählen, bekam erste Hinweise auf das Vortragsprogramm, sowie die geplanten gemeinsamen Abende in ausgesuchten Restaurants.

Viele Teilnehmer reisten schon am Mittwoch an. Allein in unserem Hotel Riviera dei Dogi saßen am späteren Abend bereits rund ein Dutzend Karnivorenfreunde aus Deutschland, Schweden und Österreich munter plaudernd in der Hotelbar zusammen. Einige nutzten den Donnerstag noch für Ausflüge ins nahe Venedig, um dann am Freitagmorgen mehr oder weniger ausgeruht in der Villa Widmann einzutreffen, denn auch am Vorabend war es beim Fachsimpeln häufig wieder recht spät geworden. Die AIPC hatte nicht nur einen zentral gelegenen, gekonnt dekorierten Infostand aufgebaut, an dem auch lustige T-Shirts des Vereins angeboten wurden, nein, präsent war auch eine Heerschar von freiwilligen Helfern in orange AIPC T-Shirts, ausgerüstet mit Sprechfunkgeräten, die wohlorganisiert äußerst freundlich und hilfsbereit Auskunft gaben und allfällige Probleme sofort beseitigten. Zu Beginn der Veranstaltung hatte man manchmal das Gefühl, dass fast für jeden Besucher ein „Helfer in Orange" vorhanden war. Bei komplizierteren Fragen zum Ablauf oder zur Technik waren umgehend Grace (Graziella Antonello) und/oder ihr Mann Graziano mit Herz und Hand zur Stelle, um alles zu regeln. Bei dieser Gelegenheit nochmals unseren herzlichen Dank an die Beiden, die immer Zeit hatten, obwohl in ihren Händen organisatorisch gesehen viele Fäden zusammenliefen, an denen diese Veranstaltung hing.

Die umfangreiche Betreuung der internationalen Gäste war jedoch nicht alles, was die EEE 2008 zu einer besonderen Veranstaltung machte. Nachahmenswert waren ohne Zweifel die mit temperamentvoller Begeisterung durchgeführten Versteigerungen gespendeter Pflanzen oder karnivoren Zubehörs zur Regeneration der AIPC Kasse. Wer Andrea Amici beim Versteigern der Objekte am Megafon erlebte, verspürte spontan Lust mitzubieten, nur damit die mitreißende Show noch etwas länger dauert. Neben der Möglichkeit sich ganztägig an einer Kaffeebar mit Getränken, oder an einer Art Schnellimbiss mit Würstchen, Klopsen, Pommes, etc. zu versorgen, gab es auch einen Stand, an dem von AIPC Mitgliedern gespendete italienische Spezialitäten, Kuchen, Gebäck und sogar Weine, von den Teilnehmern gratis probiert werden konnten. So einen kostenlosen Service hatten wir bisher nur bei der „Mutter aller Karnivorenkonferenzen" 2002 im Naturhistorischen Museum von Tokio (Japan) erlebt. Den Vergleich hält auch die ausgezeichnete technische Ausstattung im Vortragsraum mit etwa 100 sehr bequemen Sitzen stand, wozu wir ausdrücklich auch die Bemühungen Grazianos zählen, bereits im Vorfeld die Vortragsmedien vom Laptop bis zur DVD auszuprobieren, um mögliche Probleme zu vermeiden.

Obwohl die EEE diesmal nicht wie bei anderen Gelegenheiten in einem Botanischen Garten stattfand, waren von AIPC Mitgliedern an verschiedenen Stellen der Villa so viele prächtige, mit Liebe arrangierte Schaupflanzen zur Verfügung gestellt worden, dass wohl jeder davon begeistert war. Hinzu kam ein umfangreiches Angebot der zahlreichen privaten und kommerziellen Anbieter, die vor Regen geschützt in einem großen Zelt im Innenhof untergebracht waren. Zusätzlich gab es im Innenhof einen Stand für Autoren, wo Stewart McPherson mit seinen neuen Büchern Glistening Carnivores und Lost Worlds ständig wie ein echter Popstar so umlagert war, dass er vom Signieren wohl fast einen Tennisarm davongetragen hätte. Neben Stewart waren dort noch Tim Bailey mit seinem Buch Miraculum Naturae Venus Flytrap und auch wir mit unserer neuen DVD Triple E meets Triphyophyllum vertreten. Auch die GFP hatte in einem der Ausstellungsräume einen Stand, wo neben den üblichen Informationen der noch druckfrische Karnivorenkalender 2009 zu haben war. Natürlich gab es auch eine Reihe von Fachvorträgen über seltene europäische Utricularia (Dr. Jan Schlauer), afrikanische und südamerikanische Karnivoren (Andreas Fleischmann), Nepenthes in Sumatra (Dr. Joachim Nerz), „vergessene" Karnivoren und Heliamphora (Stewart McPherson), italienische Pinguicula (Dr. Lorenzo Peruzzi), sowie unseren Beitrag über die karnivore Liane Triphyophyllum mit Filmporträts der „Triple E" in Bonn und Leiden.

Häufig sind knapp bemessene Parkplätze ein Problem bei solchen internationalen Veranstaltungen, nicht jedoch in Mira. Komfortabel direkt neben der Villa war genügend Platz für alle vorhanden, die mit dem Auto angereist waren. Unbedingt erwähnenswert sind auch die gemeinsamen Abende nach der Veranstaltung. Am Freitag wurden etwa 100 Teilnehmer in Privatwagen zur 2,5 km entfernten Pizzeria „Shock" gefahren, wo erstklassiges Essen in einem außergewöhnlichen Ambiente aus (künstlichen) Ranken, Fledermäusen, Spinnen und mehr geboten wurde. Ein Abenteuer wurde dort selbst der Gang zur Toilette, da man die Wahl zwischen vier Türen hatte, von denen nur eine zum mehr oder weniger dringend gesuchten Ort führte, während hinter den anderen spaßige Gags warteten. Zum Ende des Abends wurden sogar alle Teilnehmer ohne Fahrgelegenheit mit Privatautos zu ihren Hotels gefahren, da in Mira keine Taxis zur Verfügung standen.

Am Samstagabend fand das Galadinner, für das eine Voranmeldung nötig war, in einem typisch italienischen Restaurant statt, woran etwa 180 Leute teilnahmen. Das aus vielen Gängen bestehende opulente Festessen zog sich über mehr als vier Stunden hin und lieferte einen köstlichen Rahmen für alle Teilnehmer, die munter plaudernd diesen gelungenen Abend genossen. Am Sonntag gab es in der Villa Widmann noch zusätzlich eine „Karnivoren Olympiade". Dabei wurden die schönsten Pflanzen aus den Ausstellungsräumen von ausgesuchten Personen bewertet und deren Besitzer unter großem Beifall im Vortragsraum mit Urkunden geehrt. Die gute Stimmung hielt bis zum Ende der Veranstaltung und es waren sich wohl alle Teilnehmer darüber einig, dass die engagierten Mitglieder der AIPC ein wirklich rundum gelungenes Karnivorentreffen organisiert und durchgeführt hatten. Da kann man nur hoffen, dass in einigen Jahren erneut zu einer EEE nach Mira eingeladen wird. Wir werden sicher wieder dabei sein.