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CPN Cover Vol. 39/4 2010
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Die Kräuseljagdspinne (Zoropsis spinimana) ist in Weil am Rhein angekommen
(Text und Fotos Siegfried R.H. Hartmeyer)
Wirklich überrascht stellten wir im Herbst 2008 fest, dass in unserem Garten neuerdings mehrere, hier in Deutschland erst seit 2005 nachgewiesene Kräuseljagdspinnen (Zoropsis spinimana) leben. Seit die Nächte kälter wurden wanderte mindestens ein großes Weibchen (inzwischen ca. 8 cm) in unser tropisches Gewächshaus ein, wo es nachts auf die Jagd geht. Nähert man sich der Spinne wenn sie gerade an der Wand sitzt, zeigt sie eine Warnhaltung, wobei sie etwa 20 cm auf einen zukommt, die vorderen vier Beine anhebt und ihre Fangzähne (Bild rechts) zeigt. So ein Verhalten kannten wir bisher nur von größeren Vogelspinnen. Wir haben uns entschlossen, die wehrhafte Immigrantin zu dulden und zu beobachten. Gebissen wurde bisher noch niemand, aber zwischen unseren Kannenpflanzen lebt es sich ja auch nicht ganz ungefährlich ;-).

Räuberische Spinnen sind sehr nützliche Tiere, ohne sie würden wir alle wohl unter einer permanent schrecklichen Insektenplage leiden. Auch wenn diese Tatsache für Menschen mit Arachnophobie (Spinnenangst) wohl eher zweitrangig ist, sollte dieser sachliche Hinweis gleich zu Beginn dieses Berichts nicht fehlen. Das gilt ausdrücklich auch für eine bei uns neue Art, welche sich infolge des Klimawandels, aus Nordafrika und Südeuropa kommend, immer weiter nach Norden ausbreitet und inzwischen offensichtlich auch hier in Weil am Rhein angekommen ist. Es besteht wirklich kein Grund zur Panik, allerdings ist etwas Vorsicht im Umgang mit diesen Achtbeinern doch empfehlenswert, denn anders als fast alle unserer einheimischen Spinnen neigen die Neuankömmlinge in Bedrängnis durchaus zum Zubeißen, was ähnlich einem Wespenstich recht schmerzhaft enden kann.
Zoropsis spinimana Fangzahn
Fangzahn von Zoropsis spinimana mit USB-Mikroskop
Auf den ersten Blick ähnelt sie unseren fast gleich großen, jedoch völlig harmlosen Hauswinkelspinnen (Tegenaria domestica). Lässt sich davon eine in Wohnräumen blicken, stülpt man am besten ein Glas oder eine Plastikschale darüber, schiebt ein Blatt Papier darunter, dreht das Ganze um und befördert das nützliche Tier unter leichtem Schütteln des Gefäßes, damit es nicht herausklettert, ins Freie. Wer dies mit der neu zugewanderten Art probiert, erlebt aber eine Überraschung, denn sie ist in der Lage, selbst bei heftigerem Schütteln des Gefäßes problemlos die glatte Wand hochzuklettern und herauszuspringen, wobei sie eine erstaunliche Schnelligkeit zeigt.

Als genau das vor einigen Wochen passierte, wurde ich aufmerksam und schaute einmal gezielt nach den Spinnen in unserem Gewächshaus, wo zu meiner Überraschung erstmals keine Hauswinkelspinnen mehr zu finden waren und auch die Zahl der langbeinigen Zitterspinnen (Pholcus species), die gern in den oberen Ecken der Wände sitzen, deutlich reduziert war. Erst als ich spät abends nochmals nachschaute, fand ich dort dafür eine nie zuvor gesehene, (mit Beinen) etwa sechs Zentimeter große Jagdspinne an der Wand, die sich auch bisher nur nachts zeigte. Ein zweites gleich großes Exemplar befand sich um die Zeit auch im zweiten Gewächshaus daneben, und ein weiteres spazierte wenige Tage später, ebenfalls spät abends, einfach durch die Haustür herein.
Daraufhin machte ich ein Foto der Spinne, zeigte es um Aufklärung bittend im Internet und erhielt die folgende Auskunft eines Experten:

Die Spinne nennt sich auf deutsch Kräuseljagdspinne (Zoropsis spinimana) und gehört in die Überfamilie Lycosoidae (also zu den Wolfspinnenartigen). Sie ist erst seit 2005 in Deutschland nachgewiesen und auch nur in Häusern bzw. Gewächshäusern. Inzwischen findet man sie hier am Oberrhein recht häufig. Die Art kommt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und aus Nordafrika, wo sie nachts auf die Jagd geht. Die Tiere werden im Herbst geschlechtsreif. Die Weibchen legen ihre Eier im Frühling, sitzen in einer Brutkammer auf dem Kokon und verlassen diesen anscheinend nicht mehr.

Ach ja, die Tiere sollen auf Reizung auch mit Bissen reagieren, also immer schön auf die Finger aufpassen, auch wenn der Biss nicht wirklich gefährlich ist, Schmerzen bereitet er alle mal. Die Spinne auf dem Foto oben ist ein Weibchen, Originalgröße mit Beinen inzwischen etwa 8 cm. Das zweite Bild (Mikroskop 200-fach) zeigt den linken der beiden Fangzähne, die wie eine Zange funktionieren.

Ein Bericht dazu erschien am 17.10.2008 auch in der Weiler Zeitung und dem Oberbadischen Volksblatt.

Da ist der Beweis: Die Kräuseljagdspinnen haben den harten Winter überlebt!

Aufnahme am 27. Februar 2009 inmitten von Sarracenia flava Schläuchen auf unserem Balkon.

Zoropsis Kopf_1 Zoropsis Kopf_2

Scutigera coleoptrata

Übrigens: Seit über 10 Jahren finden wir in und um unser Haus auch einige Hundertfüßer der Art Scutigera coleoptrata (linkes Bild), sogenannte Spinnenläufer. Wie Zoropsis sind auch diese nachtaktiven Jäger mit steigenden Temperaturen aus dem Mittelmeerraum zugewandert. In den Weinbergen hier am Oberrhein sind sie den Winzern schon länger bekannt.

Speedy unser Spinnenläufer_Thumb